„Hochrisiko-Wette zu Lasten der Steuerzahler und des Breitensports.”

„Hochrisiko-Wette zu Lasten der Steuerzahler und des Breitensports.”

„Hochrisiko-Wette zu Lasten der Steuerzahler und des Breitensports.”

Oldenburg. Als gravierenden Fehler bezeichnet die Bürgerinitiative (BI) Stadionbau den Grundsatzbeschluss des Oldenburger Stadtrats zum Bau eines neuen Stadions für den Profifußball. „Das ist nichts anderes als eine Hochrisiko-Wette zu Lasten der Steuerzahler und des Breitensports“, sagt Klaas Brümann als einer der Sprecher der BI. Der Rat hatte am Montagabend (27. 2. 2023) auf Vorschlag der Verwaltung trotz Kritik und Warnungen mit Mehrheit dafür gestimmt, die Planungen weiter fortzuführen. Der endgültige Beschluss zum Bau soll im Herbst fallen. Nun sollen zunächst unter anderem die tatsächlichen Kosten ermittelt und eine Realisierungsgesellschaft gegründet werden.

Brümann ist skeptisch: „Von der ersten Vergleichsstudie bis zur Wirtschaftlichkeitsrechnung wurden im Auftrag der Stadt immer Kosten errechnet, die knapp unterhalb der Meldepflicht für staatliche Beihilfen liegen.“ Er erwartet, dass bis Oktober nun mit dem gleichen Ziel sehr knapp weiter kalkuliert wird. Der ausführende Generalunternehmer werde sich nach Baubeginn jede Planänderung vergolden lassen, zu Lasten der städtischen Finanzen. „Es ist damit zu rechnen, dass dann für andere Zuschüsse gekappt werden, unter anderem für den Breitensport oder dringend notwendige Reparaturen und Sanierungen in anderen Sportstätten.“ Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) Niedersachsen/Bremen e. V. hatte kürzlich davor gewarnt, dass „städtische Aufgaben und Ausgaben gekürzt, dringliche Investitionen zurückgestellt, Steuern und Abgaben erhöht oder die Verschuldung der Stadt ausgeweitet“ werden müssten, sollte das Millionen-Projekt für den Profi-Fußball umgesetzt werden.

Schon am Mittwoch (1. 3. 2023) tagt nun der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen. Dort soll die Gründung der Stadion-Realisierungsgesellschaft und Mehraufwendungen für die Planungen von 600.00 Euro beraten werden. Eine entsprechende Beschlussvorlage hat die Verwaltung dem Gremium bereits vorgelegt. Insgesamt werden die Kosten allerdings bei mehr als 830.000 Euro liegen. Brümann: „Das Geld wird anderswo fehlen.“

Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann hält nach wie vor an der Kostenschätzung für einen Neubau an der Maastrichter Straße fest, obwohl die mittlerweile völlig unrealistisch ist. Der BdSt hatte die Zahlen dann auch als „unvollständig“ und „in Teilen geschönt“ bezeichnet und die Ratsmitglieder eindringlich davor gewarnt, einen „so weitreichenden Beschluss zu fassen“. Außerdem seien Baurisiken verharmlost oder sogar ausgeblendet worden. Brümann: „Knapp kalkuliert sind wir mindestens bei 60 Millionen Euro und jährlichen Verlusten von bis zu rund fünf Millionen Euro – und das auf Jahrzehnte hinaus.“

„Bezeichnend ist, dass sich der Oberbürgermeister partout nicht festlegen will, wo die Grenze für ihn ist.“ Für Brümann die völlig falsche Reihenfolge. „Wenn ich ein Haus baue, schaue ich erst, was ich mir leisten kann, dann mache ich mich an die Planung.“ Krogmann hatte immer wieder darauf verwiesen, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erwarte bis Ende Februar ein „positives Signal“, sonst würde es das Aus für den Profifußball in Oldenburg bedeuten. Nicht nur der Steuerzahlerbund vermutet, dass im Herbst niemand beim DFB anruft und mitteilt, „wir haben uns das mit dem Stadionneubau jetzt doch noch mal anders überlegt.‘ Das sei unrealistisch und werde nicht passieren, sagte jetzt ein BdSt-Sprecher in einem Interview im Deutschlandfunk.

Auch sei der bisherige Verlauf der Planungen nicht von großer Transparenz geprägt gewesen, bemängelt Brümann: „Wenn jetzt auch noch alles Weitere unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Stadionplanungs-GmbH passiert, sind die Bürgerinnen und Bürger endgültig außen vor. Wir halten wenig von Konstruktionen, in denen der halbe Stadtrat in der Gesellschafterversammlung sitzt.“

Stadion-Neubau: Rat bringt Ball ins Rollen

Ein erhebliches Risiko sieht der Sprecher der Initiative obendrein im Verstoß gegen Beihilferichtlinien der Europäischen Union (EU). „Sollte später eine EU-Wettbewerbsklage eingereicht werden, sind die bis dahin geflossenen Gelder schlimmstenfalls komplett zurückzuzahlen – und zwar vom Begünstigten, also dem VfB.“ Obendrein sei eine solche Klage auch noch nach Jahrzehnten möglich. Das werde die finanzielle Stärke des VfB bei weitem übersteigen. Die VfB-Fußballspielerin Gesa Gerding, ebenfalls Mitglied der Initiative, appelliert an die Sorgfaltspflicht der Stadt: „Denken Sie an die Mannschaft, die dann sehr plötzlich ihren Arbeitgeber verliert, nur weil die Verwaltung heute an externer, wettbewerbsrechtlicher Beratung spart.“

Auch der BdSt hatte in seinem bemerkenswerten Schreiben an die Ratsfraktionen auf die Regularien der EU hingewiesen. Um Gewissheit zu haben, müsse das Vorhaben vorab der EU-Kommission zur sogenannten Notifizierung gemeldet werden, heißt es in der Stellungnahme von Anfang Februar. Eine Festlegung auf einen Stadionneubau ohne belastbare Einschätzung der Beihilfeverträglichkeit wäre äußerst fahrlässig. Die Stadt will das Vorhaben bislang nicht melden.

„Wir werden den Oberbürgermeister und die Politik jetzt natürlich auf keinen Fall aus der Verantwortung entlassen“, sagt Brümann und kündigt an, den Fortgang des Projektes weiter sehr kritisch zu begleiten. Das betreffe nicht nur die tatsächlichen Kosten, sondern auch alle bislang unbeantworteten Fragen, unter anderem zum Lärmschutz, der Verkehrsbelastung und des Klimaschutzes.

Pressemeldung von Bürgerinitiative (BI) Stadionbau