Mittelalterliche Geschlechtergeschichte und Oldenburger Jahrmarktshefte
Welche Rolle spielte das Geschlecht für mittelalterliche Vorstellungen von Volk und Gemeinschaft? Über welche Themen berichtete Oldenburger Straßenliteratur im 19. Jahrhundert? Diese beiden Fragen stehen im Mittelpunkt zweier neuer Forschungsprojekte an der Universität Oldenburg, die das Niedersächsische Wissenschaftsministerium im Förderprogramm „Pro*Niedersachsen“ mit insgesamt knapp 450.000 Euro fördert.
Das erste Projekt trägt den Titel „Gentes und Nationes: Geschlechtergeschichte von Gemeinschaftskonzeptionen im 15./16. Jahrhundert“. In diesem Vorhaben untersucht ein Team um die Oldenburger Mittelalterhistorikerin Prof. Dr. Almut Höfert, wie sich zur Zeit des Mittelalters Geschlechterkonzepte und Vorstellungen von Völkern und Stämmen gegenseitig bedingten. Während Historikerinnen und Historiker diese Fragestellung im Hinblick auf die moderne Nation bereits intensiv erforscht haben, sind entsprechende Untersuchungen zur mittelalterlichen Geschichte noch Mangelware. Höfert und ihr Team werden dabei auch konkrete Bezeichnungen wie „die Sachsen“, „die Friesen“ oder „die Sarazenen“ beleuchten und nach ihrer Entstehungsgeschichte fragen.
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Das Projekt mit dem Titel „Kolportageliteratur. Oldenburger Jahrmarktdrucke des 19. Jahrhunderts im kulturellen und medialen Kontext“ verantwortet der Oldenburger Germanist PD Dr. Christian Schmitt. Das universitäre Institut für Germanistik arbeitet dabei in den kommenden drei Jahren eng mit der Landesbibliothek Oldenburg und weiteren Kooperationspartnern zusammen. Unter „Kolportageliteratur“ versteht man Kleindrucke, die im 19. Jahrhundert sehr verbreitet waren und die ihre Leserinnen und Leser mit einer breiten Palette an Informationen vorsorgten: von Katastrophen, Kriminalfällen und politischen Ereignissen bis hin zu Klatsch und Tratsch. Diese zeitungsähnlichen Druckerzeugnisse waren nicht im stationären Handel erhältlich, sondern bei mobilen Händlern. Ein größerer Bestand dieser Werke – rund 800 Jahrmarktshefte aus Oldenburg – befindet sich bisher unerschlossen in der Landesbibliothek Oldenburg. Schmitt und sein Team werden diese Bestände erheben, analysieren sowie digitalisieren und dabei für Wissenschaft und Öffentlichkeit frei zugänglich machen. Ziel des Projekts ist es auch, literaturwissenschaftliche Forschungsfragen zu dieser Sammlung mit digitalen Methoden zu beantworten und die auf „große“ Texte fokussierte Literaturwissenschaft mit einer Perspektive „von unten“ zu ergänzen.
Pressemeldung von Universität Oldenburg