CAMPUS PREIS für Meerestrauben und Deutschunterricht
Der „CAMPUS PREIS: Forschen für nachhaltige Zukunft“ zeichnet in diesem Jahr zwei Arbeiten mit sehr unterschiedlichen Ansätzen aus. Die Dissertation von Lara Stuthmann beschäftigt sich mit der Zucht von Meerestrauben in Vietnam. Die Masterarbeit zur Bildung für nachhaltige Entwicklung von Laura Sheng räumt mit einem Vorurteil im Deutschunterricht auf. Die mit insgesamt 3.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde am 25. April an der Universität Bremen verliehen.
Zwei Preisträgerinnen unter hervorragenden Nominierungen
Für ihre Dissertation an der Universität Bremen untersuchte Lara Stuthmann vom ZMT, wie Meerestrauben umweltschonend gezüchtet werden können. Die Meerestraube ist eine Grünalge, die wegen ihrer Beschaffenheit auch Meereskaviar genannt wird. Sie enthält wichtige Antioxidantien und andere Nährstoffe wie Proteine und Mineralien. In Asien werden Meerestrauben gerne gegessen, in Europa sind sie als Nahrungsmittel jedoch noch nicht zugelassen und werden deshalb nur als „Dekoration“ verkauft. Gleichwohl ist die Meerestraube ein wichtiges und vor allem gesundes Nahrungsmittel, das auch für die Versorgung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung an Bedeutung gewinnt.
Anbau von Meerestrauben in der Aquakultur verbessern
Aquakulturen für Garnelen oder Fische bedecken in Asien ganze Landstriche. Sie haben vielerorts negative Auswirkungen auf Meere und Ozeane, führen zum Verlust von Habitaten für Tiere und Pflanzen und tragen zur Ausbreitung von Parasiten bei. Die gesunden Meerestrauben hingegen können in der Aquakultur relativ umweltschonend und schnell gezüchtet werden. Lara Stuthmann möchte mit ihrer Forschung dazu beizutragen, die Qualität und Quantität der Produktion auf ökologisch und ökonomisch nachhaltige Weise zu steigern. Für ihre Studien hat die Bremer Wissenschaftlerin in Vietnam die Produktionskette der Meerestrauben genau untersucht. In der Khanh Hoa Provinz im Südosten des Landes werden Meerestrauben seit Beginn des 21. Jahrhunderts hauptsächlich in Aquakulturteichen angebaut. Für ihre Untersuchungen arbeitete Stuthmann über sieben Monate eng mit Algenfarmerinnen und Algenfarmern vor Ort zusammen und kooperierte mit Forschenden vom Institut für Ozeanographie in Nha Tang.
Ergebnisse der Untersuchungen als Empfehlung an lokale Produktionsstätten
Lara Stuthmann fand heraus, dass sich durch eine angepasste Lichtbestrahlung sowie ressourceneffiziente Ko-Kultur mit anderen Organismen die Qualität der Meerestrauben verbessern und ihr Gehalt an Antioxidantien steigern lässt. Sind die Algen beispielsweise der Sonnenbestrahlung stärker ausgesetzt, kann die Antioxidans-Aktivität mehr als verdoppelt und auf das Level von Granatäpfeln angehoben werden.
Eine als Carrageen-Lieferant (Geliermittel) verwendete Rotalge könnte in direkter Nachbarschaft der Meerestrauben gezüchtet werden und gleichzeitig zur Beschattung dienen. Werden die Algen dann noch zusammen mit den passenden Meerestieren kultiviert, bilden sie einen natürlichen Kreislauf, in dem Futter- und Abfallreste optimal verwertet werden. Die Forscherin kam zu dem Ergebnis, dass sich die Abwässer der Weißfußgarnele eventuell zur Düngung der Algen eignen könnten. Inzwischen wächst auch in Deutschland das Interesse an der kombinierten Algen- und Garnelenproduktion in landbasierten Kreislaufanlagen – eine positive Entwicklung auch angesichts kürzerer Transportwege.
Die Jury des CAMPUS PREISES hat überzeugt, dass Lara Stuthmann sich nicht nur vor Ort eines entscheidenden Problems angenommen hat, sondern den Blick weitet. „Eine nachhaltige Verlagerung der Produktion unserer Lebensmittel vom Land ins Wasser könnte einen wichtigen Beitrag für die Versorgung der Weltbevölkerung mit hochwertigen Produkten leisten, vorausgesetzt, es geschieht umwelt- und sozialverträglich“, so das Fazit der Jury.
Besonders beeindruckt hat die Jury zudem, dass Lara Stuthmann ihre langjährige Erfahrung in der Algenzucht an neue Promovierende und Master- und Bachelorstudierende in ihrer Arbeitsgruppe weitergibt, sie in das Thema einweist und so dafür sorgt, dass die Untersuchungen weitergeführt werden. Zudem hat sich die Preisträgerin aktiv an der Kommunikation ihres Themas für die breite Öffentlichkeit beteiligt.
Kindern in der Grundschule Klimawandel und Nachhaltigkeit vermitteln – wie kann das gehen?
Kann man in Grundschulklassen Klimawandel oder Nachhaltigkeit thematisieren oder überfordern solche Lerninhalte die Kinder kognitiv und emotional? Wie können Anknüpfungspunkte für solche schwierigen und möglicherweise angsteinflößenden Themen in Fächern der Grundschule gefunden werden?
Solchen und ähnlichen Fragen ging Laura Sheng in ihrer Masterarbeit nach. Die angehende Grundschullehrerin für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch setzte das von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnete Bilderbuch „Polymeer“ in ihrem Unterricht ein. Die Autorin Alexandra Klobouk erzählt darin von einer Welt im Jahr 2043: die Pole sind geschmolzen, die Meeresspiegel steigen. Holland ist verschwunden. Trotz des apokalyptischen Inhalts des Buches machte die derzeitige Referendarin positive Entdeckungen zum Kompetenzerwerb ihrer Klasse. Sheng konnte beobachten, wie ihre Schülerinnen und Schüler neue Perspektiven einnahmen, vernetzte Denkweisen entwickelten, ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit miteinander aushandelten sowie ihre Kreativität hinsichtlich der Gestaltung von Zukunft unter Beweis stellten.
Ein mögliches Vorurteil wird widerlegt
Laura Sheng konnte zeigen, dass die Kinder durch die frühe Beschäftigung mit den Folgen des Klimawandels neue Kompetenzen erwarben und sich das Thema für den Grundschulunterricht sehr wohl eignet. Entgegen der immer noch weit verbreiteten Befürchtung, nachhaltigkeitsrelevante Probleme könnten Kinder ängstigen, äußerten sich die Schülerinnen und Schüler eher optimistisch, entwickelten kreative Umgangsweisen und Lösungsvorschläge.
Ohne dabei die im Lehrplan für den Deutschunterricht gesetzten Ziele zu vernachlässigen, konnte Laura Sheng Bildung für nachhaltige Entwicklung und den Klimawandel in ihrer Grundschulklasse thematisieren. Sie hat damit einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen geleistet. Unter Punkt 4 geht es dort unter anderem auch um Bildung für nachhaltige Entwicklung: Bis 2030 soll sichergestellt werden, dass „alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben https://www.unesco.de/bildung/bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung.
Die Preisjury hat besonders beeindruckt, dass Laura Sheng sich bei schwierigen pädagogischen Fragestellungen nicht durch etablierte Ansichten hat abschrecken lassen, sondern ihren Weg verfolgt hat. Damit hat sie nach Ansicht der Jury Pionierarbeit geleistet. „Laura Sheng hat den Grundstein für einen neuen Standard gelegt. Wenn wir eine nachhaltige Entwicklung umsetzen wollen, dann müssen wir bei unseren Kindern beginnen“, so das einstimmige Votum der Jury.
Pressemitteilung von: Universität Bremen