Bremer Klima- und Meereswissenschaften dreifach exzellent in Europa

Bremer Klima- und Meereswissenschaften dreifach exzellent in Europa
Historischer Erfolg der Universität Bremen: Erstmals werden gleich drei Projekte mit den renommierten Synergy Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) ausgezeichnet. Foto: Matej Meza/Universität Bremen

Bremer Klima- und Meereswissenschaften dreifach exzellent in Europa

Historischer Erfolg der Universität Bremen: Erstmals werden gleich drei Projekte mit den renommierten Synergy Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) ausgezeichnet. Gefördert werden klima- und meereswissenschaftliche Forschungsvorhaben an der Uni Bremen und in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) mit insgesamt acht Partnern aus Deutschland, Frankreich, Norwegen und Spanien. Rund 8,5 Mio. Euro gehen als Fördersumme nach Bremen.

Insgesamt wurden in dieser Runde 395 Forschungsanträge eingereicht von denen 37 Projekte gefördert werden, wie der Europäische Forschungsrat (ERC) bekannt gab. Damit gehört die Universität Bremen gleich dreimal zu den erfolgreichen acht Prozent, die eine Förderung erhalten. Rund 8,5 Mio. Euro gehen als Fördersumme nach Bremen.

Die erfolgreichen 37 Forschungsgruppen werden insgesamt 395 Millionen Euro Förderung von der EU bekommen, um an 114 Universitäten und Forschungseinrichtungen in 19 Ländern einige der weltweit herausforderndsten Forschungsprobleme aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen anzugehen.

Die Projekte im Detail:

Archean

ParkRelicts of Ancient Cellular Biochemistry in High-CO2 Subsurface Ecosystems

Die Wissenschaftler möchten in dem Projekt „Archean Park“ Einblicke in das Leben unter Umweltbedingungen erhalten und bislang unbekannte Stoffwechselwege finden, die den Mikroorganismen auf der Ur-Erde vor 4.000 bis 2.500 Millionen Jahren das Leben ermöglichten.

In einem Frühstadium der Erdgeschichte, im Archaikum (englisch: Archean Eon), herrschten andere Bedingungen als heute: Die Erdatmosphäre enthielt keinen Sauerstoff, aber viel Kohlendioxid (CO2). Dennoch gab es Lebewesen, die damit zurechtkamen: Die ersten Mikroorganismen bauten aus CO2 im Urozean Biomasse auf und nutzten dazu vermutlich chemische Energie – und nicht Licht wie heutige Pflanzen. Die Forscher vermuten, dass CO2-reiche unterirdische Ökosysteme auch heute noch Mikroorganismen beherbergen, die extrem hohe CO2-Konzentrationen bevorzugen oder sogar benötigen.

Bei den geplanten Arbeiten handelt es sich um Grundlagenforschung, die neue Erkenntnisse zum mikrobiellen Kohlenstoff-Kreislauf bringen soll. Die Forschungsergebnisse können jedoch auch biotechnologische und geotechnische Innovationen anregen, die bei der Biomasseproduktion durch Mikroorganismen oder bei Überlegungen zur Speicherung überschüssigen Kohlendioxids aus der Atmosphäre zum Tragen kommen könnten.

Antragsteller: Mikrobiologe Prof. Dr. Ivan Berg (Universität Münster), Geochemiker Prof. Dr. Kai-Uwe Hinrichs (MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen), Geomikrobiologe Dr. Jens Kallmeyer (Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum), Mikrobiologe und Bioinformatiker Prof. Dr. Alexander Probst (Universität Duisburg-Essen)

Gesamtfördersumme: 11,5 Mio. Euro

Bremer Anteil: über 3 Mio. Euro

i2B

Into the Blue – Resolving past Artic greenhouse climate

Was sind die globalen Auswirkungen einer eisfreien Arktis? Wie wird sich die Arktis mit zunehmender Klimaerwärmung entwickeln? Was bedeutet eine eisfreie Arktis für unsere Umwelt und unsere Gesellschaft? Diese Fragen wollen Forschende mit dem Projekt „i2B – Into the Blue“ mit Rückblick in die Vergangenheit und Ausblick in die Zukunft klären. Die unterschiedlichen Forschungsexpertisen ermöglichen ein synergetisches Projekt aus paläoklimatischer, umweltwissenschaftlicher und meeresgeologischer Forschung.

Die schmelzende Arktis beschäftigt Forschende schon lange, denn die konkreten Auswirkungen sind bislang unklar. In der Vergangenheit wurde die Dynamik von Veränderungen im Meereis und Landeis nicht ausreichend analysiert. Dadurch fehlen wichtige Grundlagen für eine Klimaprojektion in der Arktis. Dies soll nun mit dem Projekt nachgeholt werden. Dazu sind unter anderem Expeditionen in die Arktis vorgesehen, um aus den Klimaarchiven die Änderungen zu quantifizieren.

Antragsteller: Meeresgeologe Dr. Jochen Knies (UiT The Arctic University of Norway), Paläo-Ökologe Dr. Stijn De Schepper (NORCE), Klimamodellierer Prof. Dr. Gerrit Lohmann (Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)). Lohmann ist Professor an der Universität Bremen.

Gesamtfördersumme: 12,5 Mio. Euro

Bremer Anteil: über 3 Mio. Euro

PROTOS

The Role of Silica in the Dawn of Life on our Planet

Um zu untersuchen, wie das Leben aus dem Nichts entstand, d.h., wie der Übergang von einer mineralischen Welt zum Leben stattfand, nimmt das Projekt PROTOS die geochemischen Prozesse in den Blick, die während der ersten Milliarde Jahre der Geschichte dieses Planeten stattgefunden haben. Die Forscher kombinieren biogeochemische, physikochemische und materialwissenschaftliche Forschung, um einige der wichtigsten und bisher ungeklärten Fragen der Wissenschaft zu beantworten: Ist es überhaupt möglich, dass Leben in einer Welt aus Wasser und Mineralien entsteht? Wie können die ältesten Überreste des Lebens eindeutig nachgewiesen werden und wie kann Leben auf anderen Planeten identifiziert werden?

Experimente sollen zeigen, wie Flüssigkeiten mit Gesteinen interagieren, welche Rolle Minerale spielen, insbesondere Kieselsäure, bei der Auslösung präbiotischer Reaktionen im Urozean und bei der Selbstorganisation von mineralisch-organischen Strukturen — die zu den ersten lebenden Zellen geführt haben könnten. Und welchen Beitrag Kieselsäure leistet bei der Versteinerung und Konservierung der frühesten Mikroorganismen und Biomorphe — anorganische Strukturen, die Ähnlichkeiten mit organischen Formen wie Bakterien oder anderen Mikroorganismen aufweisen.

Antragsteller: Kristallograph Prof. Dr. Juan Manuel García-Ruiz (Agencia Estatal Consejo Superior de Investigaciones Científicas, CSIC), Chemiker Prof. Dr. Helmut Cölfen (Universität Konstanz), Petrologe Prof. Dr. Wolfgang Bach (MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen), Geobiologe Dr. Mark van Zuilen (Centre National de la Recherche Scientifique, CNRS).

Gesamtfördersumme: knapp 10 Mio. Euro

Bremer Anteil: über 2 Mio. Euro

Irene Strebl, Bremer Staatsrätin für Umwelt, Klima und Wissenschaft, gratuliert den Wissenschaftlern: „Ich freue mich sehr, dass die Forscher diesen besonders bemerkenswerten Erfolg hatten und nun gleich drei Projekte im Rahmen der ERC Synergy Grants gefördert werden. Es bestätigt die starke Rolle Bremens im Bereich der Meeres- und Klimaforschung national wie international. Forschungsprojekte wie diese werden helfen, vergangene und künftige Entwicklungen besser zu verstehen und somit beispielsweise noch genauere Projektionen zu den Auswirkungen des Klimawandels zu zulassen.“

Die Rektorin der Universität Bremen, Prof. Dr. Jutta Günther, freut sich über die Auszeichnung: „Es ist phänomenal, dass wir in der hochwettbewerblichen europäischen Förderung der ERC Synergy Grants mit gleich drei Projekten erfolgreich waren. Ich gratuliere den Antragstellern und ihren Teams sehr herzlich und freue mich, dass an der Universität Bremen und in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut in den Klima- und Meereswissenschaften so leidenschaftlich und bahnbrechend geforscht wird. Es ist ein Riesenerfolg und Rückenwind für unsere Beteiligung an der deutschen Exzellenzstrategie.“

Konrektor für Forschung und Transfer, Prof. Dr. Michal Kucera hebt hervor: „Das Ergebnis bestätigt die herausragende Stellung unseres Wissenschaftsstandorts, mit der Universität Bremen im Zentrum, für die Klima- und Meereswissenschaften in Europa. Das Förderformat der Synergy Grants zeigt, dass unsere exzellenten Forscher hervorragend europäisch vernetzt sind. Ich bin sehr stolz auf diesen historischen Erfolg.“

ERC Synergy Grant

Der ERC Synergy Grant ist ein Förderprogramm der Europäischen Union, das bahnbrechende, interdisziplinäre Forschung unterstützt. Er fördert die Zusammenarbeit zwischen zwei bis vier Hauptforschern aus verschiedenen Disziplinen, um innovative Projekte mit hohem Risiko und hohem Ertrag voranzutreiben. Dabei bietet er eine beträchtliche Finanzierung über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren. Die Finanzierung hilft Gruppen herausragender Forscher, verschiedene Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen zu bündeln. Das ERC Synergy Grant-Programm ist Teil des Forschungs- und Innovationsprogramms der EU, Horizon Europe.

Pressemeldung von  Universität Bremen