
„Peter und der Wolf“ oder „Die Liebe zu den drei Orangen“: Sergej Prokofjew wird meist mit diesen eher heiteren Werken in Verbindung gebracht. Doch der Komponist ist vielseitiger als das: Seine eher düstere, psychologische Seite bringt demnächst Regisseurin Barbora Horáková auf die Bühne im Theater am Goetheplatz. „Prokofjews ‚Der feurige Engel‘ ist ein musikalischer und psychologischer Rausch – eine Oper im Grenzbereich von Wahnsinn, Begehren und metaphysischer Sehnsucht“, so Horáková: „Meine Inszenierung versteht Renatas Engel als Überlebensarchitektur: ein Schutzbild gegen eine Kindheit im Missbrauch, die im Erwachsenenleben in toxische, fieberhafte Beziehungen umschlägt, unter anderem zu Ruprecht. Prokofjews Partitur ist ein unerbittliches Brennglas, in dem sich Begehren und Zerstörung verschlingen. Es ist ein Privileg, diese obsessive Reise auf die Bühne zu bringen – ein Abend, der wie ein unaufhörlicher Strom unter die Haut geht und dort weiterlebt.“
Der Stoff von Prokofjews „Der feurige Engel“ ist komplex und leicht abgründig. Verzweifelt versucht Renata, sich von ihren frühen, traumatischen Erinnerungen zu befreien, doch die Vergangenheit lässt sie nicht los. Sie flieht in ihre Fantasien: Von Kindheit an sucht sie halt bei einem feurigen Engel. Erwachsengeworden, trifft sie auf Ruprecht, der ihr verfällt, obwohl sie oft sonderbar und unbegreiflich wirkt . Statt gemeinsam Stabilität zu gewinnen, reißen die beiden sich gegenseitig in die Abgründe der menschlichen Psyche. Wie kann man weitermachen, wenn man Schreckliches erlebt hat? Beäugt werden sie bei ihrem Kampf und Fall von einer Gesellschaft, die sich durch ihr Verschleiern, ihr lautes Schweigen und unhaltbare Gerüchte zu Mittätern macht.
„Der feurige Engel“ wird selten gezeigt, die Gesangspartien sind sehr anspruchsvoll und das Theater Bremen freut sich, sie komplett aus dem eigenen Ensemble besetzen zu können. Nadine Lehner singt Renata, Elias Gyungseok Han Ruprecht. Am Pult der Bremer Philharmoniker steht Stefan Klingele.
Stefan Klingele begann seine Laufbahn am Nationaltheater Mannheim, wechselte als Dirigent ans Staatstheater am Gärtnerplatz München und 1999 als Erster Kapellmeister nach Bremen, wo er 2006 den Kurt-Hübner-Preis erhielt. Das Theater wurde in der Spielzeit 06/07 mit Klingele als Interims-Chefdirigent von der Zeitschrift „Opernwelt“ zum „Opernhaus des Jahres” gewählt. Daneben gastierte Klingele bei vielen Theatern und Orchestern, darunter regelmäßig an den Opernhäusern Stockholm, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, der Deutschen Oper am Rhein und der Komischen Oper Berlin. Nach sieben Jahren als Musikdirektor und Chefdirigent an der Musikalischen Komödie in Leipzig ist Stefan Klingele seit Sommer 2022 in gleicher Position wieder zurück in Bremen und zeichnete hier bisher für die musikalische Leitung von Straussʼ „Ariadne auf Naxos“ und „Salome“, Adamsʼ „Dr. Atomic“, Verdis „Macbeth“, Wagners „Lohengrin“, der Musical-Uraufführung „Der 35. Mai“ und Berlioz‘ „Béatrice et Benedict“ verantwortlich.
Barbora Horáková, geboren in Prag, studierte an den Musik-Akademien in Basel und Genf Gesang, ehe sie an der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München Regie studierte. Seit 2015 arbeitete sie eng mit dem Regisseur Calixto Bieito zusammen, für den sie zahlreiche Inszenierungen überall in Europa adaptierte. 2017 gewann sie den internationalen Regiewettbewerb „Ring Award“ in Graz, 2018 wurde sie bei den „International Opera Awards“ als Newcomerin des Jahres für ihre Inszenierung „Pelléas et Melissande“ in Oslo gewählt. Seither inszenierte sie an den renommiertesten Opernhäusern, u. a. in Berlin, Wien, Dresden, Amsterdam, Antwerpen, London, Oslo, Basel, Bilbao, Lyon, Prag und Leipzig. 2019 wurde sie mit dem spanischen Theaterpreis „Los Premios Ercilla“ für die beste Aufführung ausgezeichnet. Von 2019 bis 2022 war Barbora Horáková Hausregisseurin an der Staatsoper Hannover. Zuletzt inszenierte Barbora Horáková in Mannheim die Uraufführungen „Dark Spring“ und „Dark Fall“, sowie u. a. „La Traviata“ in Dresden, „Die Zauberflöte“ in Wien, „Greek Passion“ in Hannover und „Le Grand Macabre“ in Palermo.
Premiere am Sonntag, dem 26. Oktober um 18 Uhr im Theater am Goetheplatz
Pressemitteilung von: Theater Bremen