Spielplanvorstellung 2022/23 am Theater Bremen

Spielplanvorstellung 2022/23 am Theater Bremen

Spielplanvorstellung 2022/23 am Theater Bremen

Knapp 30 Premieren in allen vier Sparten / Musiktheater mit neuer Doppelspitze Frank Hilbrich und Brigitte Heusinger zeigt mit Produktionen zwischen alter und neuer Musik, Musical und Uraufführung breites Spektrum / Osteuropaschwerpunkt im Schauspiel, dazu eine Uraufführung und eine Deutschsprachige Erstaufführung, Dušan David Pařízek und Alexander Giesche inszenieren wieder in Bremen / Tanz mit drei Neuproduktionen / Junges Theater mit fünf Inszenierungen, darunter einer Uraufführung, und neuen Partizipationsformaten

 

Knapp 30 Premieren stellte das Theater Bremen heute für den neuen Spielplan 2022/23 vor, darunter drei Uraufführungen und eine Deutschsprachige Erstaufführung in den Sparten Musiktheater, Schauspiel und Junges Theater sowie drei Neuproduktionen im Tanz.

„Corona ist in meiner achten Spielzeit hier in Bremen ausgebrochen, jetzt stellen wir den Plan für meine elfte Spielzeit vor – das tut schon weh, die letzten Jahre, wenn man zurückschaut. Und so haben wir uns vorgenommen, zu klotzen, nicht zu kleckern. Wir wollen wieder richtig groß denken und spielen und zeigen, was ein Haus wie dieses kann“, sagt Michael Börgerding, Intendant des Theater Bremen: „Aber ich möchte auch betonen, dass ich mich über vieles auch in dieser schwierigen Spielzeit sehr gefreut habe. Darüber, wie wir es zusammen – und damit meine ich wirklich alle an diesem Haus – geschafft haben, durch diese zwei Jahre zu kommen. Und dass wir trotz allem so großartige Abende wie zuletzt ‚Jenufa‘ im Musiktheater hinbekommen haben. Wir waren mit unseren zwei Eröffnungspremieren im Musiktheater auf dem Titel der ‚Opernwelt‘, der Adelsschlag in dieser Sparte. Wir haben im Schauspiel in der aktuellen Spielzeit eine Einladung zum Heidelberger Stückemarkt, sind bei den Mühlheimer Theatertagen und bei den Autor:innentheatertagen in Berlin dabei und nicht nur unsere Tanzsparte fährt auf internationale Gastspiele. Zum Erfolg gehört auch die Einführung eines fairen Gehaltes für junge Künstlerinnen und Künstler, das sogenannte Bremer Modell – mit dem wir große Aufmerksamkeit in der Theaterlandschaft bekommen haben und auch eine Vorbildfunktion.“

 

Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz bedankte sich in ihrem Grußwort zunächst bei allen Mitarbeitenden im Theater für die vergangenen beiden Jahre: „Das war eine schwere Zeit. Deshalb möchte ich nochmal an das große Engagement des gesamten Teams erinnern, an all die vielen unterschiedlichen und tollen Versuche, mit dem Publikum auch während der Lockdowns in Kontakt zu bleiben. Die Theaterwerkstätten dürfen dabei aber auch nicht vergessen werden, denn zu Beginn der Pandemie wurden dort die so sehr benötigten ersten Masken genäht und Plexiglasscheiben gebaut, das hat sehr weitergeholfen. Zudem standen wir mit der Theaterleitung in diesen zwei Jahren stets im engen Austausch, um das Theater während der Pandemie gar nicht erst in eine Krise stürzen zu lassen. Schließlich kam Corona in der Spielzeit, die die bislang erfolgreichste der Intendanz von Michael Börgerding war. Wir alle haben das Theater sehr vermisst und deshalb freue ich mich auf den neuen Spielplan ganz besonders: Er hat eine wirklich große Vielfalt und reflektiert an einigen Stellen inhaltlich sogar das aktuell schlimme Geschehen in Osteuropa. Es ist also für jede und jeden das Passende dabei – wer da nichts findet, findet wahrscheinlich auch sonst nichts.“

 

Das Musiktheater bewegt sich mit seinen acht Premieren in einem breiten Spektrum: Einerseits in einem der Zeit, denn mit alter und neuer Musik deckt der Spielplan locker 350 Jahre Musikgeschichte ab. Zu nennen sind dabei etwa Purcells „King Arthur“, das im Oktober in der Regie von Schorsch Kamerun auf die Bühne kommt, und zwar als zweiter Teil. „King Arthur #1“ feierte bereits im Juni letzten Jahres Corona-bedingt auf dem Goetheplatz Premiere, jetzt zieht Teil 2 der Produktion ins große Haus. Besonders spannend dürfte dabei das Zusammentreffen von Barockmusik und Elektro werden, denn der Musiker PC Nackt ist wieder dabei. Die Musikalische Leitung übernimmt Lutz Rademacher. Ebenfalls im Theater am Goetheplatz wird auch Monteverdis Mitte des 17. Jahrhunderts entstandene Oper „Die Krönung der Poppea“ im Juni 2023 zu sehen sein. Dirigiert wird sie von einem Spezialisten für Barockmusik: Christoph Spering gibt sein Debüt in Bremen. Tatjana Gürbaca führt Regie. Neben diesen beiden Werken der alten Musik kommt im Frühjahr 2023 eine Oper, die noch keine zwanzig Jahre alt ist: Peter Eötvös‘ „Angels in America“ wurde 2004 uraufgeführt und kommt jetzt nach Bremen in der Regie von Andrea Moses. Die Musikalische Leitung übernimmt William Kelley. Moses ist dabei keine Unbekannte in Bremen, sie hat 2008 und 2010 schon zwei Mal hier gearbeitet.

 

Andererseits zeigt sich das Spektrum in der Auswahl, denn von klassischen Werken bis hin zu einem Musical und einer Uraufführung gibt es viel zu sehen. Verdis „Don Carlo“, bei dem Generalmusikdirektor Marko Letonja am Pult steht und Frank Hilbrich als Hausregisseur seinen Einstand gibt, wird die Saison Mitte September eröffnen. Hilbrich führt auch Regie bei Strauss‘ „Ariadne auf Naxos“, einer Arbeit, die eigentlich schon vor Corona rauskommen sollte und immer wieder verschoben werden musste. Ab Ende Januar ist sie im Theater am Goetheplatz zu sehen. Beim Musical von Jerry Herman „Hello Dolly“ wird ein prominenter Gast mit von der Partie sein, Gayle Tufts, die, wie sie selbst sagt, „Germany’s best known American“ ist, singt und spielt die Dolly.

 

Und auch das bewährte Team der „Lady Macbeth von Mzensk“- und „Jenůfa“-Inszenierungen kommt zurück: Bei Tschaikowskys großer romantischer Oper „Pique Dame“ übernimmt Yoel Gamzou die Musikalische Leitung und Armin Petras führt Regie. Im Rahmen der Förderinitiative NOperas! vom „Fonds Experimentelles Musiktheater“ (feXm) von NRW KULTURsekretariat und Kunststiftung NRW kommt mit dem Audiovideo-Walk „Fundstadt“ von HIATUS wieder eine Uraufführung nach Bremen.

 

Osteuropa war ein Schwerpunkt bei der Planung des Schauspiel-Programms, wie aktuell das Thema nun durch den Krieg in der Ukraine geworden ist, hat Börgerding teilweise erschrocken: „Ich habe den Roman ‚Leben und Schicksal‘ von Wassili Grossman vor drei Jahren gelesen und ich muss jetzt sagen, dass da alles drinsteht, was wir gerade erleben.“ Armin Petras bringt „Leben und Schicksal“ als deutschsprachige Erstaufführung im Oktober auf die Bühne im Theater am Goetheplatz. Auftaktpremiere Ende August ist das Corona-bedingt schon zwei Mal verschobene Tschechow-Stück „Drei Schwestern“, das von Dušan David Pařízek inszeniert wird. Im Februar führt Alize Zandwijk Regie bei „Das achte Leben (Für Brilka)“ von Nino Haratischwili und im März bringt Nina Mattenklotz  „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ von Olga Grjasnowa ins Kleine Haus.

 

Mit der Romanadaption „Die Nachkommende“ hat das Theater Bremen eine Uraufführung. Die Autorin des Romans, Ivna Žic, wird ihn dabei im März 2023 auch auf die Bühne im Kleinen Haus bringen. Ein alter Bekannter kommt in der nächsten Spielzeit zurück ans Haus: Alexander Giesche, der zu Beginn der Börgerding-Intendanz Artist in Residence war und mittlerweile mit seinen visual poems im deutschsprachigen Theater große Bekanntheit erlangt hat, bringt im April „Verbundensein“ auf die Bühne im Theater am Goetheplatz. Felix Rothenhäusler forscht derweil ästhetisch weiter am Thema Artensterben und plant ein Projekt zu Bienen, Premiere ebenfalls im April 2023.

Die Costa Company gibt ihr Debüt in Bremen mit „How to kill Tyrant“ im Oktober, ab November nimmt das Theater Bremen teil an „Between Land and Sea“, einem transnationalen Festival zu Klima, Migration und Arbeit und die Auseinandersetzung mit dem Wert der Arbeit geht dann weiter bei „Verkannte Leistungsträger:innen“. Der Abend wird gestaltet nach dem gleichnamigen Buch, das Nicole Ayer-Ahuja und Oliver Nachtwey im vergangenen Herbst bei Suhrkamp herausgegeben haben, Regie führt Sylvia Sobottka, Premiere ist im Juni 2023. Gleich zu Beginn der Spielzeit wirft Alize Zandwijk mit Brechts „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ auch schon einen Blick auf die Menschen, die allzu leicht übersehen werden, Premiere im September im Kleinen Haus.

Zwei Liederabende kommen auch noch auf die Bühne, nach dem erfolgreichen Madonna-Liederabend nimmt sich Anne Sophie Domenz mit Patti Smith nun eine andere Ikone der Musikgeschichte vor: „Because the Night“ heißt der Abend, der ab Dezember im Kleinen Haus zu sehen sein wird. Und Nihan Devecioğlu singt die Lieder ihrer Großeltern-Generation, der ersten Gastarbeiter:innen, die nach Deutschland kamen, bei „šiklar – die Liebenden“, Premiere im Mai im Kleinen Haus.

Der Tanz zeigt drei neue Arbeiten, den Auftakt macht Hausregisseur Samir Akika mit einem Ausflug in Film und Fernsehen: Vom goldenen Zeitalter Hollywoods über Soap-Operas bis hin zum zeitgenössischen Reality-TV: „Santa Barbara“ gibt es ab November 2022 im Kleinen Haus. Im Frühling arbeitet dann die in Brüssel lebende Choreografin Claire Croizé zum ersten Mal mit den Unusual Symptoms zusammen, „Fabula“ ist ab März zu sehen. Mit dabei die belgische Band Zwerm und die Drummerin Karen Willems. Rock-Konzert und Oper, griechische Mythologie und Texte des italienischen Schriftstellers Cesare Pavese stehen der individuellen Bewegungssprache der Tänzer:innen gegenüber.

Das dritte Tanzprojekt hat noch keinen Titel, aber schon einen Spielort: die Überseestadt. Die argentinische Autorin, Theater- und Filmregisseurin Lola Arias, die in Bremen schon mehrfach tätig war, aber nun zum ersten Mal im Tanz arbeitet, geht mit den Unusual Symptoms der Geschichte der Sexarbeit am ehemaligen Hafengelände nach. Ökonomie und Care-Arbeit: Als ehemaliges Drehkreuz globaler Handelsrouten wird der Bremer Hafen zum Schauplatz einer intensiven Recherche über die Beziehung von Nähe und Intimität: „Eine neue Arbeit“ wird Ende Juni Premiere feiern.

Im Jungen Theater Bremen steht Partizipation im Mittelpunkt. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie wollen sich Moks und Junge Akteur:innen intensiv mit ihrem Publikum verbinden. Dazu sucht das Junge Theater ganz unterschiedliche Wege – angefangen bei Stimmensammlungen von Kindern, die dann in einer Inszenierung hörbar werden bis hin zu einem Serienformat, das Platz für jugendliche Kreativität bietet.

In der ersten Produktion, einer Uraufführung mit Texten von Sergej Gößner „Pech und Schwefel“ werden Rollenbilder und Inhalte aus Märchen gleichermaßen humorvoll und kritisch hinterfragt. Zu sehen für alle ab 8 Jahren ab November im Brauhaus, Cora Sachs gibt damit ihr Regiedebüt am Moks. Mit dem zweiten Stück, „Der rote Baum“ nach Motiven von Shaun Tan, kommt die vielfach ausgezeichnete Regisseurin Hannah Biedermann zurück ans Moks. Das Bilderbuch, das dem Theaterstück zum Vorbild dient, sucht dabei danach, wie man auch die schweren Zeiten, die zum Leben dazu gehören, durchstehen kann, zu sehen für alle ab 6 Jahren ab März 2023.

Um schwere Zeiten geht es auch bei den Jungen Akteur:innen: Bei „state of the heart“ erzählen Jugendliche vom Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenwerden. Das literarische Rechercheprojekt für Menschen ab 14 Jahren kommt in der Regie von Nathalie Forstman im Februar auf die Brauhaus-Bühne. Bereits im Januar startet ein neues Format: „Show up – Season 1“ geht in Serie … In der gemeinsamen Produktion „Bodies and no Borders“ sagen sich Moks-Ensemble und Junge Akteur:innen los vom ewigen Druck der Selbstoptimierung und dem dauernden Abgleichen von Schönheitsidealen.

Den kompletten neuen Spielplan gibt es auf der Theater Bremen-Homepage.

Quelle Pressemeldung von  Theater Bremen