Rohrkolben und Schilf – Experten sprechen über Moorschutz der Zukunft

Rohrkolben und Schilf - Experten sprechen über Moorschutz der Zukunft

Rohrkolben und Schilf – Experten sprechen über Moorschutz der Zukunft

Oldenburg. Für eine nachhaltige Lebensweise sind nachwachsende Rohstoffe von zentraler Bedeutung – auch für eine klimaschonende Moorbewirtschaftung. Rohrkolben (Typha) und Schilf (Phragmites) haben einen großen Vorteil: Sie können als nachwachsende Rohstoffe auf vernässten organischen Böden in Niedersachsen angebaut werden. Wie diese wertvollen Rohstoffe für den Moorschutz der Zukunft genutzt werden können, war jetzt Thema der Fachtagung „Rohrkolben und Schilf – Moorschutz und Produkte“ in Oldenburg. Rund 130 Personen verfolgten die Veranstaltung vor Ort in den Weser-Ems-Hallen, weitere 80 digital am Bildschirm. Sie kamen aus unterschiedlichen Bereichen – beispielsweise aus der Landwirtschaft, von Planungsbüros, von Naturschutz- und anderen Verbänden, Kommunen, Behörden, aus der Politik, der Wissenschaft und der Wirtschaft.

Mehrere Fachexpertinnen und -experten hielten Vorträge mit verschiedenen Themenschwerpunkten. Irene Dahlmann vom Niedersächsischen Umweltministerium sprach über Paludikulturen und betonte deren Bedeutung bei den klimaschonenden Bewirtschaftungsformen. „Die Paludikulturen sollen perspektivisch ein wesentlicher Baustein zur Verwirklichung einer klimaschonenden Moorbewirtschaftung sein“, sagte die Leiterin des Referats „Grundsatzangelegenheiten des Naturschutzes, EU-Naturschutzförderungen, Referatsübergreifende Naturschutzaufgaben“ beim Umweltministerium. Bei klimaschonenden Bewirtschaftungsformen sollen Paludikulturen im Vordergrund stehen, dafür sei die politische Unterstützung bei der Umsetzung notwendig. Um diese innovative Bewirtschaftungsform in die Praxis zu bringen, bedarf es einer umfassenden fachlichen, finanziellen und nicht zuletzt auch politischen Unterstützung. Dabei wies sie darauf hin, dass das Umweltministerium die vor fünf Jahren beim 3N Kompetenzzentrum eingerichtete „Kompetenzstelle Paludikultur“ aufgrund der erfolgreichen Arbeit etablieren und weiterführen möchte.

Fortschritte konnten bei der Weiterentwicklung des Konzepts einer moor- und klimaschonenden Landwirtschaft mithilfe des Rohrkolben- und Schilfanbaus erzielt werden. Dies berichteten Dr. Colja Beyer, der die „Kompetenzstelle Paludikultur“ betreut, Dr. Bärbel Tiemeyer vom Thünen Institut für Agrarklimaschutz und Friedrich Birr von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung. Laut deren bisherigen Messungen und Berechnungen stellen die Rohrkolben- und Schilfkulturen eine Kohlenstoffsenke dar und die Methanemissionen sind niedriger als erwartet. Niedermoorpaludikulturen seien daher eine sehr gute Option, um Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. „Der Erfolg hängt maßgeblich von einem erfolgreichen Wassermanagement ab“, betonte Tiemeyer. Paludikulturen mit Schilf und Rohrkolben könnten zum Erhalt moortypischer Biodiversität beitragen, doch dafür sei weitere Forschung notwendig, stellte Birr fest.

Mehrere Referenten zeigten Potenziale in der Umsetzung auf. Aus der Biomasse dieser innovativen Landnutzungsform können verschiedene Produkte hergestellt werden. Aufgrund des Aerenchym in den Stengeln von Rohrkolben sei beispielswese die Verwendung als Dämmmaterial sehr vielversprechend. Zudem wurden Möglichkeiten in der Baubranche vorgestellt. Das Zulassungsverfahren sei jedoch aufwendig, wie Maximilian Rentz von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe erläuterte.

Präsentiert wurden ebenfalls Forschungsergebnisse, wie der Rohstoff genutzt werden kann, um Gartenbaubustraten herzustellen. Alle Referenten waren sich über das große Potenzial einig. Eine Beimischung von bis zu 50 Prozent scheine bei bestimmten Kulturen möglich, wenn die Kalium- und Salzgehalte niedrig sind und eine Stickstoff-Ausgleichsdüngung erfolgt.

Dr. Wibke Baumgarten von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) und Ullrich Sippel vom Niedersächsischen Umweltministerium stellten Fördermöglichkeiten für zukünftige Projekte vor. Von 2023 bis 2032 werden insgesamt 115,5 Millionen Euro aus dem Sondervermögen „Klima- und Transformationsfonds“ vom Bund zur Verfügung gestellt. Es gibt zwei Programme bei der FNR: Torfminderung und Moorbodenschutz. Im Rahmen der EFRE-Richtlinie „Innovationen durch Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ können in Niedersachsen seit 2022 Projekte beantragt werden. Der nächste Förderstichtag ist im Juli 2023.

Pressemeldung von  NLWKN