Mobilfunk wird dreidimensional: 1,5 Millionen Euro für Uni-Nachrichtentechnik

Mobilfunk wird dreidimensional: 1,5 Millionen Euro für Uni-Nachrichtentechnik

Mobilfunk wird dreidimensional: 1,5 Millionen Euro für Uni-Nachrichtentechnik

Der Mobilfunkstandard 5G zieht gerade in den Alltag ein, am Nachfolger 6G wird schon intensiv geforscht – unter anderem durch die Universität Bremen. Bei der Erforschung und Realisierung der „Funknetze der Zukunft“ spielt die Arbeitsgruppe Nachrichtentechnik von Professor Armin Dekorsy seit Jahren eine wichtige Rolle. Für die Beteiligung an zwei neuen 6G-Projekten bekommt sie jetzt rund 1,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

4G war gestern, 5G ist heute, 6G ist morgen: Es geht um die Mobilfunkstandards, die für die deutschen und europäischen Privatanwender interessant und für Wirtschaft und Industrie im globalen Wettbewerb überlebenswichtig geworden sind. „5G mit seinen schnellen Datenübertragungsraten, die Echtzeit-Anwendungen möglich machen, wird gerade ausgerollt – 6G aber ist ein Schritt in die Dreidimensionalität. Künftig wird das Mobilfunknetz auch durch Satelliten, Drohnen, Ballons und andere fliegende Objekte bereitgestellt“, sagt Professor Armin Dekorsy, Leiter der AG Nachrichtentechnik im Fachbereich Physik/Elektrotechnik an der Universität Bremen.

6G: Zentrales Nervensystem unseres vernetzten Lebens

6G wird die mobile Höchstleistungsdatentechnologie der Zukunft und unsere Kommunikation im kommenden Jahrzehnt noch einmal revolutionieren. „Voraussichtlich schon ab 2030 wird diese Mobilfunktechnologie das zentrale Nervensystem unseres vernetzten Lebens sein“, sagt Dekorsy. „Es geht darum, Konnektivität für alle bereitzustellen – egal wer es nutzt, egal wo man ist.“ Und zwar verlässlich, zum Beispiel in Katastrophenszenarien: „Der Ausfall der Kommunikation – wie zum Beispiel bei der Flut im Ahrtal – wird dann nicht mehr vorkommen. Das dreidimensionale Funknetz sorgt für ständige Konnektivität.“

Zusätzlich, so der Nachrichtentechniker, wird das künftige 6G-Netz deutlich widerstandsfähiger als 5G sein. Aber nicht nur das: „6G wird auch deutlich nachhaltiger sein, denn 6G wird beispielsweise für die Übertagung einer bestimmten Datenmenge deutlich weniger Energie benötigen.“

Weil die Entwicklung der „Datenautobahn der Zukunft“ ein extrem wichtiger Standortfaktor für Deutschland ist, werden umfassende Mittel bereitgestellt: „Die 6G-Initiative des BMBF ist momentan das größte Programm in ganz Europa“, so Armin Dekorsy. Die Universität Bremen profitiert davon, weil hier mit der Arbeitsgruppe Nachrichtentechnik eine der führenden deutschen Forschungsgruppen arbeitet. Sie hat bereits in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro für verschiedene 5G-Projekte eingeworben. Ergänzt wird die Expertise der Bremer Uni im Bereich 6G durch das Zentrum für angewandte Raumfahrtechnologie und Mikrogravitation (ZARM) und das Institut für theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik (ITEM).

Zahlreiche Stellen für den Forschungsnachwuchs gesichert

Aktuell hat die Arbeitsgruppe Nachrichtentechnik neue Förderungen des BMBF im 6G-Bereich zugesprochen bekommen. Sie umfassen annähernd 1,5 Millionen Euro und sichern zahlreiche Stellen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern auf Jahre hinaus. Die Vorhaben im Einzelnen:

Projekt 6G-Plattform: Hierbei handelt es sich um einen strategischen Dachverbund aller im 6G-Programm geförderten Projekte zur Koordination, Harmonisierung und Konsolidierung der dort erforschten zukünftigen Kommunikationstechnologien. Unter der Leitung der TU Kaiserslautern ist die Universität Bremen einer von sieben weiteren Partnern in dem mit insgesamt 10,55 Millionen Euro dotierten Vorhaben. „Inhaltlich geht es darum, für die zukünftigen Kommunikationsnetzwerke die komplexen Standardisierungs- und Sicherheitsanforderungen für Kernkomponenten und kritische Systeme zu definieren und umzusetzen“, erklärte Professor Dekorsy. „Man kann sich leicht vorstellen, dass es eine unglaubliche Zahl von technologischen Komponenten und Schnittstellen gibt, die miteinander fehlerfrei funktionieren müssen. Eine koordinierte Eigenentwicklung und ein breites Wissen über die einzusetzenden Komponenten sind erste wichtige Voraussetzungen für die digitale und technologische Souveränität. Um aber souverän zu handeln, ist es vor allem wichtig, dass Deutschland und Europa Technologien nicht nur einsetzen, sondern die Technologieentwicklung maßgeblich mitgestalten!“ Es sei wichtig, dass Deutschland eine starke Rolle einnimmt, um an der Spitze der bereits anlaufenden internationalen Forschung zu agieren.

Projekt 6G-TakeOff: In diesem Projekt mit einem Volumen von mehr als 13 Millionen Euro geht es um den bereits skizzierten ganzheitlichen Aufbau eines dreidimensionalen Kommunikationsnetzes für 6G. 18 Partner aus Forschung und Industrie sind hier vereint, um unter Koordination der Deutschen Telekom AG 6G zu planen und zu realisieren. „Um die nötige Konnektivität bereitstellen zu können, brauchen wir eine lückenlose Netzabdeckung. Dafür müssen die existierenden Mobilfunknetze auf dem Boden mit zusätzlichen Netzknoten in der Luft ergänzt werden“, so Dr.-Ing. Dirk Wübben, Forschungsgruppenleiter der AG Nachrichtentechnik und Teilprojektleiter von 6G-TakeOff. Aus großer Höhe können beispielsweise Flugplattformen und/oder Satelliten Versorgungslücken schließen und so die notwendigen Kommunikationsmöglichkeiten schaffen. „Das wiederum würde ganz neue Möglichkeiten in digitalisierter Landwirtschaft, Logistik, Seefahrt oder den Umweltwissenschaften ermöglichen.“

Netzknoten in fliegenden Plattformen sind – anders als ortsgebundene Netzknoten auf der Erde – örtlich und zeitlich flexibel. „Eine vorübergehende Bereitstellung von zusätzlicher Netzkapazität bei Großveranstaltungen ist damit genauso möglich wie die kurzfristige Mobilfunkversorgung in Katastrophenfällen, insbesondere wenn – wie im Ahrtal – die reguläre erdgebundene Infrastruktur ausfällt“, so Dirk Wübben. „Für eine optimale Konnektivität ist es daher wünschenswert, beide Konzepte – also terrestrische und nicht-terrestrische Netzwerke – in einer Gesamtarchitektur zu verbinden. Bis 2025 wollen wir die notwendige Architektur in diesem Projekt so auf die Beine gestellt haben, dass wir anschließend das dreidimensionale Kommunikationsnetz für 6G ‚bauen‘ können.“

Pressemeldung von  Universität Bremen